2025 sind globale Lieferketten von Wunderwerken der Logistik zu geopolitischen Schwachpunkten geworden. Diese komplexen, für Kosten und Effizienz optimierten Netzwerke aus Anbietern, Partnern und Logistikunternehmen stellen allzu verlockende Ziele für strategische Cyber-Angriffe dar. Politische Spannungen greifen seit einiger Zeit auf den Cyber-Raum über und staatlich gesponserte Hackergruppen sabotieren nun neben Behördensysteme zunehmend auch die digitalen Arterien des Welthandels. Betroffen sind alle Komponenten von Lieferketten – von Häfen bis hin zu Zahlungssystemen. Das hat nicht nur theoretische, sondern reale betriebliche, finanzielle und existenzbedrohende Konsequenzen.
Politische Konflikte, Sanktionen und digitale Sabotage haben diese einstmals stabilen Logistiknetzwerke in strategische Schwachpunkte verwandelt. Die alten Regeln gelten nicht mehr. Unternehmen müssen sich der Realität stellen: Lieferketten können Cyber-Sicherheit – und geopolitische Entwicklungen – nicht länger ignorieren.
Ein globales Netzwerk im Fadenkreuz
Moderne Lieferketten sind riesige, verzweigte Ökosysteme, die ganze Kontinente durchqueren, auf Tausende Anbieter angewiesen sind und auf einer digitalen Infrastruktur basieren, die nicht auf geopolitische Konflikte ausgelegt ist. Was einst ein Symbol für wirtschaftliche Effizienz war, wird jetzt zu einer strategischen Schwäche.
Damit ist das schwächste Glied in der Kette kein theoretisches Problem mehr. Wie Palo Alto Networks berichtete, begann fast ein Drittel aller Vorfälle 2023 mit Zugriff über infiltrierte Drittanbieter. Ein einziges falsch konfiguriertes Gerät, eine vergessene Anmeldung oder ein Auftragnehmer mit veralteten Anmeldedaten reicht aus, um Angreifern direkten Zugang zu kritischen Prozessen zu verschaffen.
Das nutzen Nationalstaaten und die von ihnen gesponserten Hackergruppen für ihre Zwecke aus. In Zeiten zunehmender globaler Instabilität – von bewaffneten Konflikten und wirtschaftlichen Sanktionen bis hin zur politischen Zersplitterung – werden Lieferketten zu einem lukrativen Ziel. Diese Angriffe sind kalkulierte, opportunistische Versuche, Märkte zu destabilisieren, Vertrauen zu untergraben und den eigenen Einfluss massiv auszuweiten. Dabei ist die Störung selbst das Ziel.
Von der Kosten- zur Risikoeffizienz
Globale Lieferketten wurden ursprünglich wegen ihrer Schnelligkeit, Skalierbarkeit und Kosteneffizienz geschätzt. Doch 2025 werden genau diese Faktoren zu einem Risiko. Die Welt hat sich verändert – und damit auch die Berechnung von Vor- und Nachteilen. Die entscheidende Frage für CISOs und Chief Risk Officers lautet nicht mehr: „Wie schlank ist unsere Lieferkette?“ Sondern vielmehr: „Wie schnell können wir unsere Verbindungen isolieren und wiederherstellen, wenn – nicht falls – ein vertrauenswürdiger Partner infiltriert wird?“
Das ist keine theoretische Frage. In Regionen wie EMEA und LATAM, in denen die Handelsnetze Landesgrenzen überschreiten, die Cloud-Nutzung steigt und fast immer unterschwellige geopolitische Spannungen brodeln, sind Lieferketten besonders anfällig. Risiken verbreiten sich inzwischen so schnell wie Daten, aber zu viele Unternehmen verlassen sich weiterhin auf die Reaktionsgeschwindigkeit ihrer Mitarbeiter.
Sicherheitsteams können es sich nicht mehr leisten, ihre Infrastruktur mit diversen, nicht miteinander verbundenen Tools zu überwachen und nach am Vortag erkannten Bedrohungen zu durchsuchen. Resilienzmaßnahmen müssen strategisch geplant und in Echtzeit ausgeführt werden. Dazu müssen sich sowohl die Technologien als auch die Einstellung verändern – und das muss im Vorstand beginnen.
Gesetzliche Vorgaben und Echtzeit-Sicherheitsmaßnahmen machen ein neues Playbook erforderlich
Die geopolitischen Entwicklungen und die Reaktion der Regulierungsbehörden setzen Unternehmen unter Druck. In der EU und auch in anderen Ländern werden die Vorgaben für Datenschutz, Resilienz und die Meldung von Sicherheitsvorfällen verschärft, Fristen verkürzt und Verstöße härter bestraft. Rahmenwerke wie DORA (Digital Operational Resilience Act) und NIS2 (die aktualisierte EU-Richtlinie zur Netzwerk- und Informationssicherheit) fordern von Unternehmen jetzt mehr als nur regelmäßige Prüfungen oder schriftlich dokumentierte Richtlinien. Zu den neuen Anforderungen gehören die kontinuierliche Überwachung, die Bedrohungserkennung in Echtzeit und eine unmittelbare Meldung, oft schon innerhalb von 24 Stunden nach einem Vorfall.
Unser plattformbasierter Sicherheitsansatz verschafft Unternehmen einen strategischen Vorteil. Mit unseren Funktionen für das Management der Datensicherheit (DSPM) können Unternehmen sensible Daten in großen Cloud-Umgebungen identifizieren und schützen – und damit eine wichtige Vorgabe von DORA erfüllen. Unsere Lösungen XSIAM und XDR ermöglichen AI-gestützte Bedrohungserkennung in Echtzeit und automatisierte Abwehrmaßnahmen, um die strikten Meldefristen von NIS2 zu erfüllen und sicherzustellen, dass Vorfälle erkannt und eingedämmt werden, bevor die Situation eskaliert.
Das ist der Vorteil einer modularen Plattform: Unternehmen können zunächst nur die Funktionen einsetzen, die sie am dringendsten benötigen – beispielsweise den Schutz der Cloud-Daten oder Endpunkte oder die SOC-Automatisierung –, und dann weitere hinzufügen, wenn neue Risiken oder Anforderungen auftreten. Die Plattform ist AI-gestützt und auf Echtzeitreaktionen und Resilienz ausgelegt.
Die gesetzlichen Vorschriften werden in Zukunft noch strikter werden. Unternehmen, die Compliance nicht als lästige Aufgabe, die abgehakt werden muss, sondern als Chance sehen, sind wesentlich besser vorbereitet und können auch in einer risikoreichen Welt bestehen.
Welches Playbook benötigen Sie? Es ist gar nicht so kompliziert, wie Sie vielleicht vermuten
Sie fragen sich vielleicht: Wie sehen die Abwehrmaßnahmen für eine moderne Lieferkette in der Praxis aus? Eine Voraussetzung ist ein neues Playbook – das auf Echtzeitüberblick, AI-gestützter Präzision und gemeinsamer Verantwortung basiert. Die Prioritäten ändern sich ebenfalls: Statt der Kosteneffizienz muss die Cyber-Resilienz der globalen Lieferketten in dieser modernisierten Strategie die Hauptrolle spielen.
Die Unternehmen, die heutzutage die größte Resilienz aufweisen, haben neue Regeln erstellt. Ihr Ziel ist nicht mehr allein die Bedrohungsabwehr, sondern die Geschäftskontinuität, auch bei einem Cyber-Angriff. Zukunftsorientierte Führungskräfte integrieren Sicherheitsfunktionen in alle Aspekte ihrer globalen Lieferketten und berücksichtigen dabei folgende Punkte:
- Resilienz als Designziel: Zero Trust darf nicht am Unternehmensperimeter enden. Die Vorreiter weiten ihre Prinzipien auch auf die Ökosysteme ihrer Anbieter aus, beschränken den Zugriff, segmentieren ihre Netzwerke und überprüfen Vertrauensbeziehungen kontinuierlich.
- AI-Nutzung gegen moderne Bedrohungen: Angreifer nutzen bereits AI, um Schwachstellen aufzudecken und auszunutzen. Effektive Abwehrmaßnahmen zeichnen sich durch Präzision aus: AI-gestützte Plattformen erkennen, bewerten und blockieren Bedrohungen automatisch, bevor die Situation eskaliert.
- Größere Transparenz für das gesamte Ökosystem: In Multi-Cloud-Umgebungen mit mehreren Anbietern entstehen durch fragmentierte Sicherheitstools tote Winkel. Mit plattformbasierten Sicherheitsmaßnahmen lassen sich alle Informationen zusammenführen, um einen zentralen und aussagekräftigen Überblick über die Risiken zu erhalten.
- Cyber-Sicherheit als Kernfaktor bei Beschaffungsprozessen: Sicherheit muss bei globalen Beschaffungsprozessen berücksichtigt werden. Das heißt, Unternehmen müssen die Sicherheitshygiene ihrer Anbieter prüfen, auf messbaren Standards bestehen und der Cyber-Due-Diligence in Playbooks für Fusionen und Übernahmen sowie Expansionen eine höhere Priorität einräumen.
- Grenzübergreifende Zusammenarbeit zur effektiven Prävention globaler Bedrohungen: Sicherheit kann nicht länger als rein nationale Verantwortung betrachtet werden. Führungskräfte in EMEA und LATAM müssen Informationen grenzübergreifend teilen, gemeinsame Incident-Response-Einsätze durchführen und gesetzliche Vorgaben koordinieren, um die stärker global agierenden Angreifer effektiv abwehren zu können.
Für diese Transformation ist kreatives Denken gefragt. Wie mein Kollege Haider Pasha kürzlich schrieb: „Unsere Cyber-Resilienz – das heißt, die Fähigkeit, Cyber-Angriffe umgehend abzuwehren und ohne große Schäden für den Geschäftsbetrieb zu überstehen – ist stärker gefährdet als je zuvor. Unsere einzige Chance ist, unsere Vorstellungskraft viel besser zu nutzen.“ AI, Analysen und Automatisierung sind unverzichtbare Tools, aber sie allein reichen nicht aus.
Cyber-Resilienz gelingt nur, wenn Führungskräfte Verantwortung übernehmen. Cyber-Sicherheitsexpertin Ria Thomas betont, dass Resilienz nicht allein Aufgabe der CISOs ist. Sie muss von allen Führungskräften und dem Vorstand unterstützt und gefördert werden. Der VP of Operations oder Supply Chain Management kann das allein nicht bewältigen. Cyber-Sicherheit ist ein Teamsport. Für den Schutz globaler Lieferketten muss das gesamte Unternehmen ein gemeinsames Ziel verfolgen – von der Beschaffungsabteilung bis zum Vorstand.
Geopolitische Konflikte können sich ändern oder beigelegt werden, aber die Bedrohung für globale Lieferketten bleibt bestehen. Erfolgreiche Unternehmen passen nicht nur ihre Netzwerke, sondern auch ihre Prioritäten daran an. Cyber-Resilienz ist nicht nur ein Punkt auf einer Checkliste oder eine IT-Vorgabe, sie ist eine strategische Notwendigkeit.
Wichtig ist dabei: Cyber-Resilienz muss eine Priorität für Vorstände bleiben
Hier sind die Führungskräfte gefragt. Risiken für die Lieferkette können nicht allein von der Beschaffungs-, Logistik- oder IT-Abteilung bewältigt werden. Lösungen müssen auf Führungsebene gefunden und dann im gesamten Unternehmen durchgesetzt werden. Das Ziel ist, Störungen zu vermeiden und die Flexibilität zu steigern.
Das ist die Bedeutung von Resilienz: die Fähigkeit, trotz geopolitischer Spannungen den Betrieb aufrechtzuerhalten und das Geschäftswachstum zu fördern. Dazu müssen die einst für den Handel optimierten Lieferketten jetzt zu seinem Schutz eingesetzt werden.
1Bei Cyber-Resilienz und AI ist maximale Vorstellungskraft gefragt, Palo Alto Networks, März 2025.
2Beyond Compliance: The Human Element of Cyber Resilience, Navigating the Digital Age, 2018